Über den Tellerrand geschaut
Wie der Breitensport auf dem Altar der Talentförderung geopfert wird
In allen erdenklichen Sportarten sind Menschen Land auf Land ab unterwegs, um nach Talenten Ausschau zu halten. Im Fußball, wo am Ende einer sportlichen Ausbildung das in der Öffentlichkeit hoch angesehene und für den Einzelnen hoch profitable Profileben winkt, wird das Ganze zunehmend ad absurdum getrieben. Kinder werden in immer jüngerem Alter aus ihren Heimatvereinen abgeworben, werden gefordert und gefördert aber bei Bedarf schnell weitervermittelt oder einfach ausgetauscht und fallen gelassen. Die Konsequenz dieses persönlichen Scheiterns meist schon sehr früh in der Kindheit oder Jugend führt nicht selten dazu, dass sich die Kinder vom Fußball im speziellen und im Zweifel auch vom Sport im allgemeinen zurückziehen.
- Der kurzfristige Teamerfolg steht über der langfristigen Entwicklung einzelner Spieler. Der Anteil neu verpflichteter auswärtiger Spieler steigt stetig. Und Fußball hat Vorrang vor schulischer Bildung.
Eine sehr interessante Kolumne zu diesen Vorgängen verfasste Michael Franke in der Rubrik Hartplatzhelden. Dabei greift der Autor eine Studie des im Bereich der Kinder-und Jugendsportförderung sehr umtriebigen Sportwissenschaftlers Prof. Arne Güllich von der TU Kaiserslautern auf und leitet daraus einige Kernaussagen für den nationalen Fußballnachwuchs ab.
Hier einige der Aussagen:
- Ein Scouting von Kindern unter 14 Jahren ist wenig sinnvoll bis unsinnig.
- Eine Steigerung der Trainingseinheiten im Kinder-und frühem Jugendalter führt allenfalls zu kurzfristigen Leistungssteigerungen, langfristig verringern sich jedoch die Chancen erfolgreich zu sein drastisch. Gründe dafür sind Verletzungen, die zu einseitige Ausbildung (keine weitere Sportart, keine anderen Interessen, zu geringer schulischer Aufwand), körperliche und psychische Spätfolgen.
- Eine kindgerechte Sportförderung ist eine gute Breitensportausbildung im gewohnten sozialen Umfeld (Heimatverein) mit geringer bis allenfalls moderater Intensität.
Wer sich die Studie von Prof. Güllich einmal zu Gemüte führen möchte. kann sich diese hier herunterladen.